Interview mit Mike Roy Stähelin, Geschäftsführender Inhaber der Designagentur cocomu für Markenstrategie, Kommunikation und Design in Zug und Solothurn.
Herr Stähelin, wie erleben Sie die Digitalisierung in Ihrem Alltag?
Am Morgen als Erstes mit News auf dem Smartphone, mit dem GA in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Self-Scanning im Supermarkt. Digitalisierung ist auch aus unserer täglichen Agenturarbeit nicht mehr wegzudenken.
Wie müssen sich Führungskräfte auf die Digitalisierung einstellen?
Sie müssen lernen, eine Veränderung ab einem bestimmten Zeitpunkt, vor allem wenn sie wirtschaftliche Vorteile bringt, nicht mehr aufhalten zu wollen. Unternehmen, die sich mit der Thematik und dem Einfluss auf ihr Geschäftsfeld, insbesondere mit den allfälligen Gefahren, auseinandersetzten, können frühzeitig die Weichen stellen und neue Chancen nutzen.
Welchen Herausforderungen wird man sich in der Unternehmenskommunikation stellen müssen?
Designagenturen und die Druckvorstufe haben mit der grafischen Umsetzung ganzer Layouts den Wandel bereits vor 20 Jahren durchgemacht. Die Grafikbranche ist meiner Meinung nach die Vorreiterin der Digitalisierung. Heute kann jeder zu Hause am Computer ein Logo, eine Visitenkarte gestalten und drucken lassen oder eine eigene Website online stellen – und das sehr günstig. Die grosse Herausforderung der Branche liegt in der Sensibilisierung der Kunden für strategische, konzeptionelle und visuelle Aspekte.
Wie gut sind die KMU auf den Wandel eingestellt?
Das ist schwer zu sagen. Während die einen die Digitalisierung vorantreiben und sich schon seit Langem neue Möglichkeiten zunutze machen, gibt es immer noch Verweigerer, die – oft bedingt durch das „handfestere“ Denken der handwerklichen Branche oder einer freundschaftlichen Kundenbeziehung – kein Interesse an der Digitalisierung haben.
Was sind die Gründe für das fehlende Interesse?
Unterschiedlich. Die Angst vor Veränderung und oft auch fehlendes Interesse, da die verwantwortliche Person in wenigen Jahren aufhört. Hemmend wirken vor allem langfristige und nachhaltige Investitionen, bei denen der Einsatz nicht unmittelbar finanziell messbar ist. Ein gutes Beispiel hierfür sind alte Websites, die noch nicht „responsive“, also nicht für mobile Geräte optimiert sind. Auch im Markenmanagement schlummert in vielen Unternehmen noch enormes Potenzial.
Digitale Transformation – eine Chance und Gefahr zugleich. Sehen Sie das auch so?
Ich sehe die Gefahr vor allem darin, die neuen Entwicklungen nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen. Eine jährliche Strategiesitzung mit einem externen Berater zur Unterstützung fachspeziefischer Themen könnte vor allem Kleinstunternehmen neue Chancen eröffnen oder Risiken und mögliche Vorkehrungen für deren Minimierung aufzeigen. Am Ende des Tages entscheidet immer das Unternehmen selbst – genauso wie der Kunde sich ein Urteil über eine Marke bildet.
Erschienen: short knowledge Magazin, Ausgabe Frühling 2017