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Vorsprung durch Markenkern – Wertentwicklung nach Dieselgate bei VW und Audi


Die Werte einer Marke können bei demselben Ereignis unterschiedlich beeinflusst werden und ausfallen. Wir haben zwei Beispiele gefunden, bei welchen sich der Markenwert bei demselben Ereignis auf unterschiedliche Arten entwickelt hat.

Unterschiedliche Bindung zwischen Marke und Kunden

Sowohl Audi als auch Volkswagen, die demselben Konzern angehören, sind wegen ihrer manipulierten Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen in den Medien in Erscheinung getreten. Der deutsche Autobauer sieht sich deswegen weltweit, besonders in den USA und in Europa, mit Milliardenkosten konfrontiert. Quelle: Fanfocus Deutschland 2016

In einer der jährlich veröffentlichten Ranglisten der wertvollsten Marken sank der von Interbrand ermittelte Wert von VW um satte 9 Prozent auf 12,45 Milliarden Dollar und rutschte somit vom 30. auf den 35. Platz ab. Gleichzeitig befand sich Audi sogar in einer Steigerung und stand um 5 Prozent im Plus, wodurch sich die Marke um einen Platz auf den 44. Rang gesteigert hat. Ebenfalls wurde der Markenwert von Audi bei rund 11,8 Milliarden Euro und bei VW nur noch bei 11,4 Milliarden Euro eingestuft, wovon auch Porsche nicht mehr weit entfernt liegt. Fakt ist: Der Abgasskandal hat bei beiden nicht nur finanzielle Schäden verursacht, sondern bei VW zusätzlich auch den Markenwert angegriffen. Quelle: Interbrand

Fans prägen das Markenimage und sind emotional gebunden

Nicht nur der Markenwert, auch die Fanquote von VW ist während eines Jahres von 22 auf 14 Prozent erheblich gesunken. Audi liegt bei seinen „Fans“ unter seinen Kunden mit 41 Prozent deutlich im Vorsprung vor VW mit nur mageren 14 Prozent. Laut Analytikern gelang es VW im Vergleich zu Audi auch nicht, das Problem aus Kundensicht zufriedenstellend zu lösen.

Die Herausforderung hierbei ist: Welche Unternehmen schaffen es, ihre Kunden nicht nur auf der Leistungsebene zufriedenzustellen, sondern auch emotional an ihre Produkte zu binden? Laut deutschen Marktforschern sind sogenannte „Fan-Kunden“ für Unternehmen von essenzieller Bedeutung und wichtiger denn je. Sie kaufen häufiger, geben mehr Geld aus, sind loyal, verzeihen Fehler, empfehlen weiter und binden sich langfristig an die Marke.

Unterschiede bei der Entschädigung

Auf der Webseite von Audi geht man auf die Skandalthematik ein, wobei für jedes Modell passende Lösungen angeboten werden. Dort spricht man von einem Wechsel der Hard- und Software, die den betroffenen Kunden ein kostenloses Update auf das bereits vorhandene Modell ermöglicht.

Bei VW war ein Teil der Vereinbarung das Angebot, die Autos reparieren zu lassen. Wenn der Hersteller tatsächlich eine für Kunden annehmbare technische Lösung anbietet, könnte dies bedeuten, dass Besitzer sich vielleicht eher dafür entscheiden und VW teure Rückkäufe vermeidet. Eine einheitliche Lösung ist bisher nicht gefunden worden, da sich die europäischen Vorgehensweisen stark von der amerikanischen unterscheiden. Offiziell wollten sich aber weder die US-Umweltbehörde EPA noch Volkswagen zu den Informationen äussern.

Quelle: Handelsblatt

Ferdinand Dudenhöffer, Finanzexperte der Universität Duisburg-Essen, schätzt: „Man muss sich auf eine Grössenordnung von 2 bis 4 Milliarden Dollar einstellen.“ Der Finanzdienst „Bloomberg“ berichtete jedoch Mitte November unter Berufung auf Insider, VW habe sich mit den US-Aufsehern bereits geeinigt, dass nur etwa 19.000 ältere Fahrzeuge zurückgekauft werden müssen. Damit könnte viel Geld gespart werden. Eine Bestätigung wurde bisher jedoch nicht veröffentlicht. Zudem kämen noch Entschädigungen für die Kunden hinzu.

VW benötigt Wiedergeburt seines Markenkerns

Für was steht VW? Für Solidarität, Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit. Audi steht für Hochwertigkeit, Sportlichkeit und Progressivität. Und genau hierin liegt der Unterschied, weshalb der Dieselskandal dem Markenwert von Audi weniger geschadet hat. Der Markenkern von VW ist zusammengebrochen, da genau die Glaubwürdigkeit – also das, für was das Unternehmen steht – einer vertrauenswürdigen Marke zerstört wurde.

Wie geht es nun weiter bei VW? Wahrscheinlich mit E-Mobilität. Bis 2025 will VW nämlich ein Viertel des Elektrocar-Marktes besetzen. Volkswagens Plan ist so mutig wie lobenswert zugleich. In einem Versuch, den Dieselskandal hinter sich zu lassen, plant das Unternehmen bis 2025 ganze 3 Millionen Elektroautos pro Jahr zu verkaufen, rund ein Viertel des Gesamtabsatzes. Hier liegt aber der Haken: Elektroautos sind nicht gerade günstig. Auch muss VW seinen gesamten Markenwert umstellen. Die Elektrozukunft birgt die Gefahr, dass die Profite des deutschen Autobauers erheblich reduziert werden könnten – es sei denn, er findet anderswo grosse Einsparpotenziale. Doch das könnte schwierig werden.

Erschienen: short knowledge Magazin, Ausgabe Frühling 2017


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